Klassische Rundenkämpfe, eine wunderschöne Optik, enorme Gag-breite und Plattformer- Elemente. Mit diesen Mitteln will euch Super Neptunia RPG in eine farbenfrohe Welt entführen. Doch kann Heldin Neptunia auch genügend motivieren, um mit ihrer Fehde gegen 3D-Welten zu begeistern? Das kläre ich nun mal im Test…
Im Kampf gegen das 2D- Imperium!
Die Neptunia- Serie gibt sich erstmalig die Ehre auf einer Nintendo Konsole und schickt sich an Switch- Spieler von ihren Qualitäten zu überzeugen. Während die Originale jedoch bisher eher ein Nischenprodukt waren, dürften sich mit dem 2D Spin-off nun vielleicht auch andere Käuferschichten finden lassen. Schließlich sind klassisches Rollenspiele derzeit ziemlich in Mode.

In Zusammenarbeit mit dem kanadischen Entwicklungsstudio Artisan Studios, hat Compile Heart also ordentlich am Neptunia Rezept gewerkelt und liefert ein farbenfrohes Abenteuer mit handgezeichneten Szenen. Die zeigen sich derweil auch von ihrer schönsten Seite und lassen euch als Heldin Neptunia durch malerische Landschaften streichen. Wie üblich spielt hierbei auch dieser Ableger in der mysteriösen Gamindustri, einer weitläufigen Welt, die bewusst unsere derzeitige Gaming- Industrie parodiert. In der Rolle von Serienheldin Neptunia schlagt ihr euch dabei durch ein farbenfrohes Abenteuer, in der technologischer Fortschritt ein Novum ist.

Vielmehr sollen die Bürger einer seltsamen 2D- Ideologie folgen und sich mit Modulen und Co. beschäftigen. Genau aus diesem Grund werden auch Steuern auf 2D-Spiele erhoben und die Entwickler in ihrer Kreativität eingeschränkt. Schon hier zeigt sich ein wichtiges Merkmal der Neptunia- Spiele = Der humorvolle parodistische Ansatz. Kaum im Spiel, bemerkt man die amüsante Note, die das Studio gekonnt in die Story einbindet. Denn sicherlich hättet nie jemand von euch erwartet mal ein Spiel in einer autoritären Welt zu erleben, in der eine 2D- Herrschaft existiert. Nicht wahr? Oder, dass euch Dialoge über den modernsten “Shit”, nämlich Modul- Technik präsentiert werden und eine Figur zeitgleich ihre – versteckte – Cosplay Leidenschaft teilt.

Wenn dann schließlich auch noch eine Aufgabe darin besteht, einzelne Meteoriten- Teile zu sammeln, damit eine Spielfigur das Dasein von Außerirdischen beweisen kann, dann wisst ihr mit was ihr es zu tun bekommt. Der zumeist sehr abgedrehte, aber wirklich lustige Humor lässt so einige vergnügliche Idee aufblitzen. Dadurch hebt sich der Titel erfrischend vom Genre- Einerlei ab und zeigt sich sehr kreativ. Denn wie oft muss man in Rollenspiel fast identische Dialoge verfolgen, die man spätestens beim zweiten Mal lesen weg klickt.

In Super Neptunia RPG birgt das unverbraucht blödsinnige Grundkonzept derweil sehr viel Unterhaltungswert. Die Anime Klischeekiste ist hier also nicht so ausgereizt, wie in den zahlreichen anderen JRPG’s. Auch wenn es geschichtlich nie wirklich spannend wird und die Motivationskurve eher gering bleibt, lockt der Anime also durch seine besonders charmanten Dialog- und Wortwitze. Da die Entwickler mit dem Spin-off auch quasi eine Neuausrichtung wagen, eignet sich das Ding zudem hervorragend für Neulinge und alte Fans.
Viel Nostalgie und einige Fragezeichen!
Was die spielerische Seite angeht, so orientiert man sich wohl bewusst an traditionellen Rollenspiel- Mechaniken und verbindet rundenbasierte Kämpfe mit klassische Aufgabentypen. Ihr sammelt also mal Materialien zum Verarbeiten, sucht und verteilt Artefakte, sowie Ausrüstung in Botenaufträge und folgt den Spuren verschiedener Personen.

All das ist nicht sonderlich kreativ und fällt bisweilen auch sehr stumpfsinnig aus. Doch im Verbund mit den Dialogen und lustigen Aufgabenbezeichnungen ist das immerhin sehr nett gemacht. Neptunia selbst steuert ihr zudem in einer 2D- Seitenansicht und bringt das Mädchen mit den pinken Haaren so von A nach B. Mit leichten Geschicklichkeitseinlagen springt ihr dabei auch über die Plattformen. Das wirkt teilweise recht schwammig, weil sich Neptunia ziemlich ungenau positionieren lässt und sie eine viel zu starke Kollisionsabfrage hat.

Müsste ich es vergleiche, würde ich sagen, dass sich Neptunia beim Springen fast wie Mario in den Eis-Leveln verhält. Auf das Spielgefühl wirkt sich das leider eher negativ aus. Trotzdem lockern diese nett eingebundenen Plattformer- Elemente sehr gut das Gameplay auf und sorgen für ein wenig mehr Vielfalt. Ob jedoch jeder Rollenspiel- Fan seine Freude an dem herum Gehüpfe haben wird, ist fraglich. Das Kampfsystem gestaltet sich derweil wieder klassischer und setzt auf ein abgewandeltes ATB- Kampfsystem, wie man es schon seit den Ur-Zeiten der japanischen Rollenspiele kennt. Ihr generiert also permanent eure Aktionspunkte im Team, um anschließend verschiedene Fertigkeiten zu nutzen.

Jeder Spielcharakter bekommt dabei einen Button zugewiesen, der über den Kopf des jeweils aktiven eingeblendet wird und einen Hinweis darauf liefert, wann die Aktionsleiste wieder aufgeladen wurde. Dabei bauen die Entwickler auch leichte Taktik- Elemente ein, in dem ihr zeitweise eure Formation im Kampf anpassen dürft. Ob ihr also in die Ausgangslage “Magic”, “Heal” oder “Strike” geht, hängt von eurem Spielstil und der aktuellen Situation ab. So verbraucht ihr schließlich eure Angriff- und Magiepunkte, um euch zu heilen oder einen mächtigen Schlag gegen den Feind auszuführen. Das funktioniert soweit auch tadellos, fällt aber nicht unbedingt so motivierend aus.

Was nämlich auf dem Papier noch sehr gut klingt und euch mit zahlreichen Skills, Strategie- Ideen und teilweise wirklich komplexen Regeln konfrontiert, verkommt letztlich meist zu einem Button- Masher. Zumal es leider auch an Einblendungen und Infos zu Statusanzeigen mangelt. Ihr seht weder die Lebenspunkte des Gegners, noch versteckt sich irgendwo eine Anzeige welchen Angriff ihr gerade ausführen könnt. Das erinnert schon fast an altertümliche Rollenspiele aus den 90s, wie Earthbound, wo ihr meist auch nur auf den Gegner einprügelt, bis das Spiel plötzlich euren Sieg vermeldet. Immerhin hat das System mit seinen Element- Schwächen/Stärken einen guten Bonus, den es gilt in schwierigen Kämpfen zu beherzigen. Trotz der Simplifizierung kann man aber durchaus seinen Spaß am Kampfsystem haben, wenn man nicht auf zu tiefgreifende Mechaniken hofft.

Was mich allerdings gestört hat, war, dass die Break- Attacken fast unnütz sind, da die Kämpfe meistens schon beendet sind, bevor sich die Anzeige vollständig aufgeladen hat. Es kam tatsächlich sehr selten vor, dass ich eine der Aktionen auslösen konnte. Dadurch erübrigt sich auch wein wenig das – ansonsten eigentlich sehr durchdachte – Level- und Fähigkeitensystem, bei dem es gilt die Vor- und Nachteile der Figuren einzubinden. Klar, motivierend ist das Ausprobieren von Equipment und Fertigkeiten durchaus, aber der Effekt hält sich leider in Grenzen. Im Großen und Ganzen werdet ihr Super Neptunia RPG also nicht zwangsläufig wegen des Kampfsystems spielen wollen. Statt auf Modernisierung, setzt man bei Super Neptunia RPG also bewusst auf klassische Tugenden und verzichtet auf Gegnerpunkte, Orientierungshilfen und weitreichende Skill- Systeme.
Eine Liebeserklärung an Sprites!
Weitaus positiver, als die simplen Kampfmanöver, zeigt sich die visuelle Pracht des Spiels. Die handgezeichneten Hintergründen harmonieren perfekt mit der bunten Farbpalette und den toll animierten Figuren. Auch die gezeichneten Effekte können sich sehen lassen. Dazu kommt auch, dass der Titel sehr viele Details in den Umgebungen bereithält.

Die wirklich malerisch anmutenden Landschaften machen sehr viel vom Charme des Spiels aus und zeigen wozu 2D- Sprites in der Lage sein können. Der schicke Artstyle bietet einen enormen Mehrwert zu den klassischen 3D- Polygonen im Cell-Shading Look, die sonst im JRPG- Sektor verwendet werden. Ich persönlich bin ohnehin ein großer Befürworter von 2D- Zeichnungen und empfinde Super Neptunia RPG als einen Schritt in die richtige Richtung für das Nischenspiel. Tatsächlich hätte ich mir aber noch gewünscht, dass die Designer sich mehr Freiheiten bei den Inneneinrichtungen der Gebäude genommen hätte. Diese ähneln sich teilweise doch zu stark.

Was mir allerdings sehr gefallen hat, war die kreative Ader, die das Entwicklerstudio bei der Gestaltung der Feinde und Dorfbewohner bewiesen hat. Das Gegner- Designs ist wirklich wunderschön und sehr originell. Das Design- Team hat hier also eine außerordentlich gute Arbeit abgeliefert und kommt qualitativ schon recht nah an Dragons Crown, Muramasa und Co. heran. Nur ist es halt schade, dass man die Kreativität nicht gänzlich zeigt, sondern in manchen Situationen Copy & Paste betrieben hat. Es wäre visuell also sicherlich noch mehr drin gewesen. Zumal auch die Geschichte meistens nur in Standbildern erzählt wird, wie man sie aus Visual Novels gewohnt ist. Die zwischenzeitlich animierten Szenen bleiben derweil in InGame- Grafik. Dafür sind aber fast alle wichtigen Gespräche voll vertont. Sowohl in englischer Sprachausgabe, als auch im japanischen Original, das bei Bedarf zugeschaltet werden kann.

Musikalisch darf man sich jedoch auf wunderschöne Melodien freuen, die teilweise sehr an frühere Rollenspiel- Tage erinnert, in denen Dragon Quest und Co. den Markt beherrschten. In der Hinsicht mag es für Rollenspiel- Experten auch lustig sein, dass Neptunia nach so manchen siegreichen Kampf eine Melodie summt, die sehr nach dem Battle- Theme von Final Fantasy klingt. Der orchestrale Soundtrack, der sich wohl bewusst an alte Zeiten orientiert, ist also eines der Besten Merkmale des Spiels. Leider sieht es bei der Technik oftmals weniger gut aus, denn die Entwickler scheinen wenig Wert auf eine Optimierung gelegt zu haben.

Im Handheld- Modus geht z.B. die Bildrate bei effektvollen Kämpfen sehr weit in den Keller. Was auch weniger gefallen dürfte, sind die vielen Ladezeiten, die bei der Switch (- durch die Modultechnik) eigentlich nicht so gravierend ausfallen dürften. Spielzerstörende Bugs sind mir dagegen nie untergekommen. Abgesehen davon ist die Optik im Handheld- Modus aber sehr gelungen. Soweit scheint das Videospiel also immerhin gut zu laufen. Etweiige Switch- Funktionalitäten wie Touch- oder Bewegungssterung werden übrigens nicht unterstützt. Es bleibt also ziemlich klassisch im Staate Gameindustri.

Vielen herzliche Dank an KochMedia für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplares von Super Neptunia RPG für die Nintendo Switch:)
Bildmaterial: ©2019 IDEA-FACTORY / COMPILE HEARTS / ARTISAN STUDIOS All rights reserverd. Neptunia is trademark of IDEA FACTORY!