Die “Königsklasse” hat in den letzten Jahren durch die Netflix Dokumentation »Drive to Survive« einen unausweichlichen Höhenflug erlebt. Die Autohersteller stehen fast schon Schlange, um ein Stück vom Kuchen zu erbeuten. Und selbst frühere Skeptiker des Motorsports scheinen mittlerweile gefallen an den F1 Boliden zu finden. Selbstredend darf da auch das jährliche Simulations Update auf PC und Konsolen nicht fehlen.
Fahren am Limit. Damit kennt sich ein Formel 1 Pilot bestens aus. Doch bevor sich die Fahrer am Wochenende auf die Strecken wagen, können Spieler auch privat innerhalb der Woche die schweißtreibenden Rennen erleben.
Denn mit F1 23 schickt Electronic Arts das diesjährige Update des Simulationsrennspiels auf die Hardware der Gamer, um sie schon vorab zum Weltmeister zu krönen.
Mit F1 22 hatten die Entwickler im Vorjahr nicht ganz die Glanzleistungen früherer Codemasters Spiele erreichen können.
Zumindest langjährige Hardcore Fans waren nicht von allen Änderungen begeistert. Das will man in diesem Jahr ändern und in wichtigen Aspekten wieder die Kurve kriegen.
Was den neusten Update Streich angeht, so lässt sich schon direkt sagen, dass Racing Fans endlich wieder auf ihre Kosten kommen. Dafür sorgt z.B. auch die Fortführung des beliebten Storymodus, der schon 2021 großen Anklang fand.
Die »Breaking Point« genannte Geschichte erinnert dabei wieder einmal an die »Drive to Survive« Produktion aus dem Hause Netflix. Vieles ist konstruiertes Drama, um die Masse bei Laune zu halten. Dem Vorbild folgt auch die Geschichte in Breaking Point, die euch u.a. auch wieder in die Rolle von Aiden Jackson schickt, der damit in seine zweite Rookie Saison geht.
Die Inszenierung ist erstklassig und lässt sogar den sehr guten Storymodus »The Journey« aus FIFA alt aussehen. Aus der relativ simplen Prämisse holt man ordentlich Zündstoff heraus, um ein ansehnliches Motorsport Drama zu erschaffen. Während man langsam an die Strecken und das Fahrgefühl herangeführt wird, gilt es verschiedene Vorgaben zu erfüllen und den Alltag der F1 Fahrer zu verfolgen.
Die einzelnen Interview- Passagen und halsbrecherischen Rennmanöver sind wirklich nah an der »Drive to Survive« Produktion dran. Mit all seinen Höhen, Tiefen und (echten) Dramen wirkt der Storymodus fast schon wie eine zusätzliche Staffel.
Schade nur, dass die Missionsziele innerhalb der Rennen wieder etwas blass erscheinen. Meistens gilt es nur eine bestimmte Position zu verteidigen oder vor einem Rivalen zu landen. Spielerisch ist das wenig Abwechslung.
Auch wenn es trotzdem ein schöner Spielmodus zum Kennenlernen der Mechaniken ist. Was in der Hinsicht besonders auffällt ist die gute Technik des Spiels.
Die Grafik-Engine zaubert merklich verbesserte Animationen und Gesichtszüge auf den Bildschirm. Dadurch wirkt die Geschichte um einiges authentischer inszeniert. Auch die Sprecher liefern eine ausgezeichnete Arbeit ab. Zumal zwischendurch auch mal Sky Reporter Sascha Roos zu Wort kommt, was dem Geschehenen zusätzliche Authentizität verlieht.
Der zweite Modus, den die Entwickler ins Spiel geworfen haben ist eine Weiterentwicklung des vorherigen F1 Life, das im Vorjahr ziemlich kritisch aufgenommen wurde.
Die F1 World ist dagegen eine kluge Abwandlung mit netten Herausforderungen, Events und freischaltbaren Belohnungen. Auch wenn Racing Fans hier keinen vollumfänglichen Gran Turismo Konkurrenten erwarten dürfen, ist der Modus eine nette Ergänzung.
Wenn wir schon bei einem Formel 1 Spiel sind, sollte es uns natürlich auch möglich sein uns in die aktuellen Autos von Mercedes, Red Bull, Ferrari und Co. zu setzen.
Das könnt ihr im weiterhin enthaltenen Karrieremodus, der euch wieder in die Fahrer und/oder Teammanager Rolle schickt. Hier klappert ihr dann stur den 2023er Rennkalender ab, um euer gewähltes Team ans Ziel zu führen.
Was mir übrigens hier missfällt, ist, dass man inzwischen gezwungen ist sich seinen eigenen Fahrer zu erstellen. Die Auswahl eines der echten F1 Piloten ist scheinbar nicht mehr möglich. Das ist schade. Denn so kann ich Nick DeVris z.B. nicht dabei helfen sein Cockpit doch noch zu behalten. Oder mit Lando Norris dem McLaren Rennstall zu alter Größe zu verhelfen.
Es ist eine komische Entscheidung diese Option der Fahrerwahl zu entfernen. Immerhin sprechen wir hier von einem offiziell lizenzierten Produkt. Warum ich mit Checo also nicht Max die Weltmeisterschaft versauen darf, ist mir ein Rätsel. In der Fahrerkarriere ist es mir lediglich möglich meinen Teamkollegen aus der realen Besetzung zu wählen.
Für mich ein klares Downgrade zu früheren Spielen.
Es ist zudem auch schade, dass EA Sports und Codemasters weiterhin auf die Integration klassischer F1 Piloten und Fahrzeuge verzichtet. Ließen sich in der PS3/PS4 Generation noch alte Fahrer und derer prestigeträchtige Rennboliden freischalten, ist man Heutzutage auf die Fahrzeuge der aktuellen Formel 1 & Formel 2 Saison beschränkt.
Das ist inzwischen schon seit 3 Jahren der Fall, was mir persönlich nicht ganz so gefällt. Immerhin sorgen andere Sportspiele (FIFA, NBA, WWE etc.) auch für die Einbindung ihrer Sportlegenden.
Was mir aber am Karrieremodus gefällt, ist, dass er nicht so staubtrocken wie andere Sportspiel Karrieren inszeniert wird. Sogar eine kurze Anmoderation für den Start der Saison ist auf Deutsch eingesprochen.
Zusätzlich sind auch im Karrieremodus vereinzelte Sprachsamples von Sasha Roos zu finden, was als Sky Zuschauer für einen guten Realitätsschub sorgt.
Für das nächst jährige Update würde ich mir noch einen zusätzlichen Kommentator wünschen, der auch in Wirklichkeit mit moderiert. Sei es nun Ralf Schumacher, Timo Glock oder Peter Hardenacke. Da bei Sky immer ein Experte am Rennwoche am Mikrofon dabei ist, wäre es schön, wenn EA Sports hier fürs nächste Spiel auch noch mal nachlegt.
Aber natürlich ist das Meckern auf hohen Niveau. Es ist schon toll, dass man als F1 Fan nun auch schon virtuell so nah an der Originalberichterstattung ist.
Spielerisch hat sich F1 2023 ebenfalls weiterentwickelt und an den richtigen Schrauben gedreht. Das Fahrgefühl mit dem Controller hat sich deutlich verbessert. Durch das haptische Feedback des PS5 Controllers lässt sich alles angenehmer fahren und spürbar leichter beurteilen. Das Verhalten der schnellen Racer kann sich so einfacher einschätzen lassen.
Das Handling der 2023er Fahrzeugmodelle gelingt somit besser, als noch im Vorjahr, was sicherlich auch an den Fahrzeugbedingungen der Realität liegt. Als Formel 1 Fans, aber nicht- Sim- Racing Profi (der ich nun mal bin), habe ich zudem das Gefühl die Fahrzeuge würden sich in Kurven natürlicher einfügen. Aber das Ausbrechen im Kurveneintritt oder das Abweichen der Ideallinie ist mit dem hohen Tempo damit dann auch schwieriger.
In diesem Falle beurteile ich übrigens nur die Controller Steuerung auf der Playstation 5. Wie es sich auf der Xbox ohne haptischem Feedback steuert oder wie sich ein modernes Racing Wheel anfühlt, darüber kann ich für F1 23 keine Aussage treffen.
Die KI-Fahrer sind dagegen wieder typische Codemasters Gegenspieler. Entweder liefern sie extrem hartes Racing oder sie lassen dich ohne Gegenwehr vorbeiziehen. Auch in Kurven und direkten Überholmanövern verhalten sich die Fahrer manchmal etwas unschlüssig. Passend dazu ist auch die Wiedereinführung der Roten Flagge, die zum Rennabbruch führen kann.
Zum Schluss sollten wir noch mal über die technische Seite sprechen. Denn Codemasters ist es gelungen ein einigermaßen modernes Rennspiel auf die Konsole zu bringen, bei dem vor allem die naturgetreuen Fahrzeugmodelle und die authentischen Strecken ein Blickfang sind.
Auch die Lichteffekte sind dem Entwicklerteam gut gelungen. Dafür sind die Fahrergesichter und Mechaniker alle etwas altbacken in Szene gesetzt, was in Anbetracht der Breaking Point Story schon komisch ist. Denn dort sind die Figuren eigentlich recht detailliert.
Bei den realen Fahrern- und Teams könnte dagegen mal ein optisches Update erfolgen.
Die netten Details im Rennspektakel und die flüssigen Bildrate sind für ein Rennspiel aber dennoch gut. Und noch ein Wort zu Playstation VR2. Leider haben es EA Sports und Codemasters versäumt auf den Konsolen VR- Zug aufzuspringen.
Statt wieder nur auf PC-VR zu setzen, hätte man mit dem Launch der neuen PSVR2 endlich auch mal die Formel Autos auf Konsolen bringen können. Denn bislang können wir Racing Fans nur auf Gran Turismo zurückgreifen, wo Lizenztechnisch natürlich keine Formel 1 Rennwagen vorzufinden sind.
Warum man die Chance verpasst als zweites Rennspiel an den PSVR Start zu gehen, wissen wohl nur die Verantwortlichen. Als Besitzer einer PSVR2 bin ich ehrlich gesagt ziemlich enttäuscht. Denn beim Kauf der VR-Brille war ich tatsächlich auf das diesjährige F1 gespannt.
Immerhin war mir der PC VR-Modus des Vorjahres geläufig. Jetzt doch wieder nur Gran Turismo als VR-Alternative zu haben, ist bedauerlich. Das Headset wird leider immer mehr obsolet und das schon 5 Monate nach Launch. Ich kann nicht glauben, dass eine Implementierung des Steam-VR Modus so ein großes Problem dargestellt hätte.
Kaum ein Videospiel würde wohl mehr von einem VR-Modus profitieren, wie ein Formel 1 Spiel in der Cockpit Ansicht! Darum hoffe ich, dass sich Codemasters noch einmal später im Jahr an ein Update wagt und den VR-Modus nachreicht. Meinetwegen auch kostenpflichtig.
Ansonsten ist es schon starker Kritikpunkt, den ich hier für die Konsolen Fassung leider anbringen muss. Immerhin kostet dieses 10€ mehr, als die PC Version, die wiederum einen VR-Modus integriert bekommen hat.
Bildrechte des Bildmaterials im Beitrag:
©2023 Electronic Arts Inc. | F1 23 ©Codemasters
–Vielen herzlichen Dank an EA Sports Deutschland für die freundliche Bereitstellung des Playstation Codes von F1 23!–
FAZIT: Die Formel 1 überschlägt sich gerade selbst wenn es um Zuschauerzahlen geht. Zumindest international. Denn der deutsche Rennsport driftet so langsam in die Bedeutungslosigkeit. Das gilt aber glücklicherweise nicht für das offizielle Formel 1 Spiel der 2023 Saison. Dem Entwicklerteam gelingt ein (Arcade-) Sim Racer, der sich bei Spielmodi und Spielgefühl stetig verbessert hat und auch mit »Breaking Point« wieder eine schöne Hommage an »Drive to Survive« liefert. Leider ist der Verzicht auf einen VR-Modus auf Konsolen ein großes Defizit. Und auch grafisch könnte es gerne bald noch mal einen Schub nach vorne geben. Sonst fährt die Konkurrenz visuell irgendwann so weit davon wie Max Verstappen seinem Kollegen Sergio Perez. Das Spiel ist aber trotz kleiner Kritikpunkte ein durchweg gelungenes Ergebnis.
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Gameplay89/100 Amazing
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Präsentation83/100 Very good
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Sound87/100 Amazing
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Spielidee / Umsetzung86/100 Amazing
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Spielspaß89/100 Amazing