Schon seit einiger Zeit spaltet Sword Art Online gewaltig die Fangemeinde. Das gilt genauso für den Anime, wie für die Videospiele. Ob nun also die Abenteuer in der Underworld als Lizenz funktionieren, erfahrt ihr in meinem Test…
Mit FullDive in die Underworld!
Sword Art Online Fans freuen sich derzeit über die Fortsetzung der “War of Underworld” Storyline im Anime. Doch der Vorhang für den glorreichsten Kampf im letzten Kapitel der Aliciziation Arc’s öffnet sich nicht nur für Serien Fans, sondern auch für Videospieler.
Denn mit Alicization Lycoris befindet sich das dazugehörige Rollenspiel im Angebot von Bandai Namco Entertainment. Doch nicht nur beinharte SAO- Hardcore Anhänger dürfen mit dem Spiel in Geschehen einsteigen. Denn die Alicization Season ist bewusst auch eine Art Neustart für das Franchise. Die Geschichte des Spiels setzt darum auch direkt beim Anfang der Alicization Arc’s an, den Deutsche Fans schon seit 2019 über Wakamin verfolgen konnten und der inzwischen auch als Synchronfassung im DVD & Bluray Regal gelandet ist. Unseren Lieblingsheld Kirito verschlägt es hier, durch die neumodische Fulldive-VR-Technik, ins Fantasy Reich der Underworld, wo ihn scheinbar der Logout verwehrt wird.
Die virtuelle Welt vermittelt komischerweise einen täuschend echten Eindruck und beinhaltet Charaktere, die einem menschlichen Abbild sehr nah erscheinen. Kurz nach Erwachen in dieser mysteriösen Umgebung trifft Kirito auf den Jungen Eugeo, der ihn mit ins Stadtzentrum geleitet. Schon bald stellt sich heraus, dass die beiden Unbekannten ein gemeinsames Versprechen verbindet und sie sich gar nicht so fremd sind, wie ursprünglich gedacht. Um das Rätsel zu lösen müssen sich die zwei tiefer ins Geäst der virtuellen Welt vorwagen und den zahlreichen Gefahren entgegentreten. Dieser Ausgang markiert im Anime den Startschuss für eine der stärksten Storylines der Sword Art Online Reihe und wird auch in der Videospiel Umsetzung sehr originalgetreu nacherzählt.
Ein neuer Arc, ein neues Spiel!
Der neue Story-Arc sorgt auch dafür, dass euch die Entwickler quer durch die mysteriöse Underworld führen und ihr die einzelnen Gebiete des Fantasy-Reiches erforschen dürft. Die Map der Spielewelt ist dementsprechend auch sehr breitgefächert und hält auch optische einige frische Gebiete bereit. Die überwucherten Wälder voller Gestrüpp, Laubbäumen und toller Lichtstimmung zeigen schon im ersten Kapitel was für eine facettenreiche Welt euch erwartet.
Erreicht ihr dann im Laufe der Spielzeit auch die einzelnen Stadtbezirke öffnet sich eine interessante Mittelalter-Fantasy, die den Anime geschickt auf den virtuellen Bildschirm bringt. Die einzelnen Bereiche der Spielewelt sind dabei natürlich befüllt mit zahlreichen Monstern, Gegenspielern und Auftraggebern, mit denen ihr interagiert Doch bevor ihr die weitläufigen Gebiete erkunden dürft, gilt es wie üblich der ausufernden Geschichte zu folgen, die zumeist leider nur in typisch- japanischen Standbildern inszeniert wird. Seid ihr zuvor schon in Hollow Realization, Lost Song oder Fatal Bullet unterwegs gewesen, dürfte euch der spielerische Ablauf bekannt vorkommen.
Denn trotz neuen Entwicklern setzt man im Hause Bandai Namco auf die altgediente Formel, die sich aus Rollenspiel- und Visual Novel zusammensetzt. Ihr dürft euch also wieder auf ellenlange Dialogszenen freuen, die in diesem Fall aber tatsächlich besser geschrieben sind! Das liegt daran, dass die überspitzten Harem-, Fanservicen Szenen intelligenteren Konversationen weichen. Die Neuausrichtung des SAO- Konzepts spielt sich dadurch weniger wie eine statische Ren’ai-Simulation, sondern mehr wie eine klassische Fantasy-Action, was die spielerische Qualität deutlich steigert. Durch die Dialoge werden Figuren tatsächlich besser charakterisiert.
Wer sich in Hollow Realization durch die peinlichen Asuna, Sinon und Leafa Szenen klicken musste, weiß Alicization darum erst wirklich zu schätzen. Trotzdem scheint man es nicht zu schaffen einen gewissen Flow zu entwickeln. Das Pacing der Geschichte ist unfassbar zäh. Nach so ziemlich jeden kurzen Schritt, Auftragsabschluss, Kampf etc. folgt eine Minutenlange Gesprächsabfolge mit verschiedenen Figuren. Das Spiel zeigt sich in der Form also viel eher als Visual Novel, bei dem sich die Rollenspiel Elemente auf dem Papier scheinbar unterordnen müssen. Doch wird das Spiel eigentlich nicht gerecht. Denn schickt euch das Abenteuer mal ins freie Gefecht oder lässt euch ein paar Minuten Dialogfrei herumlaufen, öffnet sich ein nettes Rollenspiel mit einiges an Tiefe.
Im Kern noch Sword Art Online!
Viele neue Mechaniken positionieren das Spiel auch als Neuausrichtung und bieten frische Ideen gegenüber den Vorgängern. So lassen sich Team- Kollegen z.B. indirekt taktieren, anpassen und zumeist auch frei steuern. Ihr seid also nicht mehr an euren Solo-Helden gebunden, sondern könnt die jeweiligen Party-Mitglieder bestimmen und sie durch die Areale bewegen.
Dazu gesellen sich Aktivitäten wie Angeln, Jagen, Crafting und Beziehungs-Boni durch Figuren. Das Kampfsystem wurde zudem weitreichend überarbeitet und teils auch verbessert. Durftet ihr in Hollow Realization & Co. noch in einem offline MMO- Rollenspiel herum taktieren, weicht das Spiel inzwischen auf ein dynamisches Echtzeit- Kampfsystem aus. Fast wie in den Tales of- Spielen bewegt ihr euch hierbei in einem Kampfabschnitt übers Feld und attackiert die Gegner von verschiedenen Seitenlagen. Hierzu stehen euch dann jeweils unterschiedliche Sword-Skills zur Verfügung, die auch taktische Aufgaben erledigen.
Über das D-Pad greift ihr auf Zusatzfunktionen zu und aktiviert dadurch fließend auch die Taktiktafel. Denn neuerdings ist es auch möglich, dass eure Mitglieder Buffs anwenden oder die Aufmerksamkeit des Feindes auf sich ziehen. Das schenkt euch dann (theoretisch) die nötige Zeit zum Heilen und Aufladen der Sword-Skills. Ein fließender Wechsel der Team- Spieler ist auch möglich, sodass ihr im Kampf auch mal Eugeo & Co. kontrollieren dürft. Was die Schwierigkeit der Kämpfe aber erhöht, ist die Dummheit eurer Mitstreiter. Denn leider ist die KI- nicht die hellste unter der Rollenspiel Sonne und leistet sich starke Patzer im Gefecht.
Zu oft stehen die Helden willenlos in der Gegend rum und reagieren – trotz Anweisung – gar nicht auf die Bossgegner. Glücklicherweise ist die altgediente Methode des Button-Mashings auch hier manchmal ein Erfolgsgarant, wenn ihr einfach wahllos möglichst viele Sword-Skills auf den Feind herabrieseln lasst und taktisch schnell die Teammitglieder wechselt. Was man aber positiv erwähnen sollte, ist die Dynamik dieses Echtzeitsystems. Denn man gerät schnell in einen guten Spielfluss und metztelt sich mit spektakulären Waffen-Angriffen übers Kampffeld. Wie es sich gehört, landen dazu auch im Laufe des Spiels neue Waffenarten in eurem Reportoire, die den Helden neue Skills bescheren und frei kombiniert werden können.
Über ein ausgeklügeltes Rollenspiel-Menü erhöht ihr sodann auch die Stärke eurer Figuren und verteilt Fähigkeitspunkte, die auf Angriff oder Verteidigung reagieren. Sword Art Online zeigt sich abgesehen vom neuen Kampfsystem sehr klassisch. Mit Leuten quatschen, Haupt- & Nebenmissionen aktivieren, Orte erkunden, Erfahrungspunkte sammeln und sich mit neuen Waffen eindecken. Im Gegensatz zu anderen aktuellen JRPGs wie Tales of Vesperia, Trails of Cold Steel oder Xenoblade Chronicles wird so manche Nebenaufgabe durch die Umgebungskarte erschwert. Da werden dir Aufgaben zugeteilt, bei denen dir gar nicht genau bewusst ist in welchem Bereich der Map diese zu bewältige ist.
Schon früh im Spiel gab es eine Szene, in der ich zum Kochen aufgefordert wurde und ich hierfür Fleisch benötigt. Klar, denkt man sich als erfahrener Rollenspiel Fan. Einfach losziehen und in einer Jagd- Quest die Kreaturen legen. Doch leichter gesagt als getan. Das “spezielle” Fleisch dropt nicht jedes Wesen. Mit leichter Internet- Recherche ergab sich dann, dass nur diese Kaninchen ähnlichen Monster für die Quest nutzbar sind. Also ab ins Gefecht. Natürlich ohne Map Hinweis, wo sich diese Fleisch Lieferanten auf vier Beinen aufhalten. Das Ende vom Lied war eine unnötig lange Suche. Sowas ist in der heutigen Rollenspiel Ära eigentlich ein No Go.
Glücklicherweise verlaufen nicht alle Aufgaben in dieser Form. Die meisten lassen sich gut mit Questmarker versehen und auffinden. Was zudem auch leicht nervig sein kann, sind die überzogenen Tutorials, die hier schon fast im Minutentakt aufploppen und euch zahlreiche Kniffs um die Ohren pfeffern. Da kann es schon mal schwieriger sein sich aufs Wesentliche zu konzentrieren. Seinen Vorteil zieht das Spiel hier viel aus der Lizenz.
Denn die SAO- Fangemeinde bekommt hier eine nahezu Anime- identische Umsetzung der beliebten Romanvorlage. In dieser fantasievollen Umgebung streift ihr dann herum und versucht der Hauptgeschichte zu folgen. Immer wieder driftet das Spiel darum auch zwischenzeitlich ins Genre der Visual Novel Adventures ab und zeigt sich mit reichlich Dialogen. Diese werden zumeist in Standbildern präsentiert. Selten folgen aber auch mal hübsch animierte Zwischensequenzen.
In der Praxis bedeutet das, dass ihr als Fans von Japanischen Rollenspielen und Sword Art Online hier ein durchaus gelungenes Stück Software erhaltet. Das Spiel traut sich zwar wenig, macht dafür aber auch wenig Fehler. Schließlich bindet man hier auch noch ein Multiplayer Erlebnis ein, was dem Abenteuer mehr Content beschert. Natürlich wird das Spiel auch mit ein paar DLC’s ausgeliefert, die das Spiel erweitern. Der Vorbestellerbonus enthielt somit zusätzliche Kostüme.
Malerische Fantasy mit Schwächen!
Technisch sieht die Sache schon leicht anders aus. Hier fühlt sich das Spiel zeitweise ziemlich mau an. Das Rollenspiel tendiert zwar meist zu 30 Bildern pro Sekunde, kann diesen Wert aber leider auf der PS4 Pro nicht annähernd halten. In so manche Gebiet schwankt die Bildrate stark und sorgt so für unsaubere Bildabfolgen, die zeitweise auch das Gameplay beeinträchtigen.
Die Umgebung bietet derweil einen insgesamt schicken Eindruck. Die Vegetation ist ziemlich hoch und die Laubbäume mit weitaus höheren Polycount versehen, als man es bisher in den SAO- Spielen kannte. Das sollte aber auch unausweichlich sein, schließlich waren die Vorgänger alle fast ausschließlich nur Portierungen. Was außerdem gefällt, ist die wirklich tolle Lichtstimmung, die eine besondere Atmosphäre erzeugt.
Die Skydome wurde mit tollen Farbverläufen versehen, die zudem auch gut animiert wurden. Die Ambient Occlusion sorgt zuweilen für ein paar nette Bilder. Der Knackpunkt ist jedoch die Auflösung der Texturen. Die Mehrheit der Oberflächen wurde doch sehr niedrig aufgelöst und Umgebungseffekte sind entweder sehr gering gehalten oder fast gar nicht vorhanden. Visuell wirkt die Welt zwar einladend und auch die Figuren, Monster & Kulissen entsprechen der Anime Vorlage, doch ist man technisch nicht Konkurrenzfähig.
Weiteres zur Technik könnt ihr in meiner Analyse erfahren. Schaut euch dazu einfach am Ende des Artikels das Video an. Was sich über Alicization Lycoris sagen lässt: Das Spiel scheut nicht vor Weiterentwicklung. Man setzt auf ein neues Kampfsystem und verpasst ein ordentliches Grafik-Update. Im Vergleich zum Vorgänger hat sich so einiges getan. Nur leider sorgen die niedrige Performance und so mancher Bug für Probleme. Wer jedoch großer Fan der Light Novel, Manga oder Anime ist, dem erwartet hier wieder ein nettes Lizenz-Spiel mit Rollenspieltiefe, dynamischen Kampfsystem und interessanter Nacherzählung der Story. Die reine Technik, lässt aber zu Wünschen übrig.
Vielen herzliche Dank an Bandai Namco Entertainment für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplares von SAO Alicization für die PS4:)
Bildmaterial: ©2010 – 2020 BANDAI NAMCO Entertainment Europe S.A.S /
©2017 Reki Kawahara / Kadokawa Corporation AMW/SAO-A Project