In Man of Medan segelten wir in einem Geisterschiff über die Weltmeere. In Little Hope wurden uns die Hexenprozesse gemacht und jetzt reißt uns eine alte Legende in die Untiefen des Erdbodens. Wenn es um abwechslungsreiche Horrorszenarien geht, scheint die »The Dark Picture Anthology« zweifelsfrei genügend geschichtlichen Stoff zu besitzen. Dafür bleibt man in Sachen Gameplay seiner Linie treu und bringt nur wenig Neuerungen in das leicht angestaubte Spielgenre.
Die Geschichte versetzt uns dieses Mal in den frühen Irakkrieg, wo wir eine Gruppe US- Soldaten durch die sonnendurchfluteten Wüstenregionen führen, um ein verstecktes Waffendepot ausfindig zu machen. Doch schon bald läuft die Suche ins Leere und die Streitkräfte geraten in einen Schusswechsel mit den feindlichen Soldaten.

Noch während des Kampfes reißt plötzlich ein Erbeben ein großes Loch in den staubigen Boden und zerrt die Marines mitsamt ihren Feinden hinab in die Untiefen einer Höhle. Diese stellt sich als verwinkeltes Tunnelsystem heraus, das in einer alten Tempelruine mündet. Schnell zeigt sich, dass in den unterirdischen Gängen eine gefährliche Bedrohung schlummert.
Um also sicher aus dem Höhlensystem zu entkommen, müssen die verfeindeten Soldaten einen Weg finden sich aus der misslichen Lage zu befreien und als Gemeinschaft zu agieren.
Denn wie heißt es doch so schön? Der Feind meines Feindes, ist mein Freund.
Ihr als Spieler habt fortan die Aufgabe die verfeindeten Truppen durch die Tempelanlage zu führen und einen Ausweg aus der Höhle zu suchen.

Über das Auffinden alter Artefakte und Dokumente erlangen wir Hintergrundwissen über den diabolischen Feind oder erhalten gar Infos über zukünftige Ereignisse. Das kennt man schon aus den Vorgängern, wo die Totems einen Anhaltspunkt über mögliche Situationen gibt.
Abseits davon laufen wir die Gänge hinab, befolgen den schriftlichen Anweisungen, untersuchen Objekte oder führen Gespräche mit unseren Mitgliedern. Die interaktiven Dialoge lassen uns meist die Wahl über wichtige Entscheidungen, die den Verlauf der Geschichte ändern und das Überleben der Soldaten sichern.
Dazu lernen wir durch die richtige Dialogoption die Charaktere und ihre Beziehungen zueinander kennen. Dadurch geben wir zwischenmenschlichen Gefühlen mehr Raum oder sorgen dafür, dass sich zwei Feinde zu Freunden entwickelt.
Besonders letzteres hat mir sehr gut gefallen. Denn tatsächlich ist es möglich mit den richtigen Antworten und Entscheidungen auch die anfänglich feindliche Lage zu entspannen.

In meinem Run sind darum Salim und Jason letztlich enge Verbündete geworden, die sowas wie Freunde wurden und sich den Rücken freigehalten haben. Das ist insofern sehr spannend geschrieben, da Jason ein ziemlich impulsiver Mensch ist, der sich auch stark von seinem Hass gegenüber den Feinden leiten lässt.
Salim ist dagegen etwas vertrauenswürdiger, zeigt sich aber auch sehr skeptisch, was die Ansichten der US-Streitkräfte betrifft. Darum war es ganz interessant mithilfe von Entscheidungen eine Richtung vorzulegen und ein “neues” Team zu bilden.
Dafür gibt’s dann auch am Schluss von beiden ein kräftiges “Oorah”!
Die engen Höhlengänge sorgen beim Erforschen auch für ein mulmiges Gefühl und schaffen dadurch eine gewisse Atmosphäre, die dem Spiel mehr Stimmung verleiht. Trotzdem sollte man nicht den Fehler machen hier einen großen Horrorknall zu erhoffen.

Denn wirklich gruselig ist keine Situation. Man versucht zwar das Film- Phänomen »Alien« von Ridley Scott zu imitieren, setzt aber viel zu sehr auf Hollywood Action. Damit orientiert man sich mehr an »Alien – Die Rückkehr« und »Alien – Die Wiedergeburt«, als am schaurig unheimlichen Erstling, der als Meisterwerk in die Filmwelt einging.
Nach dem doch eher ruhigen »House of Ashes« legt man den Actionschalter also wieder um und erinnert damit auch leicht an »Die Mumie« mit Brandon Fraser, das weniger Horror-, und mehr Adventure- Elemente in die frühere Gruselgeschichte des 30’s Originals einführte.
Durch die düsteren Höhlengänge erhält man zudem ziemlich einseitige Umgebungsdesigns. Zumeist läuft man orientierungslos durch gleichförmige Tunnel oder große Grabkammern. Viel zu entdecken gibt es überdies sowieso nicht. Da waren frühere Spiele des Entwicklers wie »Until Dawn« doch etwas abwechslungsreicher.
Erst zum Ende hin wird’s vielfältiger und tatsächlich interessant. Das “Nest” der widerspenstigen Kreaturen ist offensichtlich stark von HR Giger und dessen »Alien« Konzepten inspiriert. Dadurch ergeben sich dann einige vielversprechende Grafiken.

House of Ashes wird dadurch ein filmischer Action- Horror, der Fans der späteren »Alien« Filme sicherlich gefallen dürfte. Denn im Gegensatz zum Vorgänger bietet das Spiel auch endlich mal Figuren, die einem nicht gänzlich egal sind.
Jason, Salim, Nick und Rachel wollte ich sogar unbedingt durch die gefährlichen Situationen bringen!
Das ist mir leider nicht komplett gelungen, was aber auch den etwas zu komplexen QTE- Aufgaben liegt. Sofern man nicht gerade den untersten Schwierigkeitsgrad wählt, sind die Reaktionstest überaus schwierig zu behandeln. Der Timer rasselt dann viel zu schnell nach unten, was noch dadurch erschwert wird, dass die Tasten bräunlich-grau angezeigt werden.

Dadurch unterscheiden sie sich nur geringfügig vom Hintergrund. Das gilt umso mehr für die Heartbeat- Szenen, die in Until Dawn noch durch Motion-Controls gesteuert wurden und hier per Tastendruck im Takt umgesetzt wurden. Das hätte man durchaus besser lösen können. Um dem entgegenzuwirken hat man inzwischen verschiedene Optionen eingebunden, um den Schwierigkeitsgrad anzupassen. Wenn ihr mal nicht den Dialogen lauscht oder Gegenstände aufhebt, beleuchtet ihr mit der Taschenlampe die Gegend und nutzt die neue Kameraführung zur Fortbewegung.
Denn neuerdings hat auch die Spielreihe von »Supermassive Games« eine freibewegbare Kamera. Die fixen Kamerawinkel sind also mittlerweile Geschichte. Dadurch nimmt man dem Spiel zwar die Jumpscares, aber die waren ohnehin nie die Stärke des Entwicklers. Darum ist es umso wichtiger, wenn die richtige Stimmung getroffen wird. Und das ist hier tatsächlich mal der Fall.
Rätsel oder Kämpfe wie in Resident Evil oder Silent Hill werden euch aber ebenso wenig begegnen wie Gruseleffekte. Das, was euch hier geboten wird, ist ein klassischer Interactive Movie. Wer darauf nicht abfährt, hat eigentlich wenig Gründe das Spiel auszutesten. Jeder, der mit dem Spielstil von Quantic Dreams & Co. zurechtkommt, der erhält ein nettes Horror-Adventure.

Wie schon »Until Dawn«, »Men of Medan« und »Little Hope« wird darum auch der neueste Ableger wieder mit einem prominenten Hollywood Aufgebot begleitet. Für »House of Ashes« hat man sich die Dienste von Ashley Tisdale sichern können, die den meisten noch aus den frühen 2000er bekannt sein dürfte. Ihre Figur der Rachel fand ich auch durchaus interessant, was sicherlich auch an ihrer Darstellung lag. Natürlich wird das Spiel auch wieder mit einer vollständig auf Deutsch vertonten Sprachausgabe ausgeliefert, die noch so seine Tücken hat. Mal wird ein Dialog nicht Lippensynchron abgespielt, dann treten Tonprobleme auf (Stichwort, blecherner Sound) oder der Dialog selbst klingt etwas flach. Aber im Großen und Ganzen hat man sich deutlich gesteigert. Die meisten Charaktere sind wirklich gut besetzt und werden professionell vertont. Die Sprecherauswahl ist wirklich hochkarätig.
Das es manches Mal holprig klingt, liegt wahrscheinlich viel eher an der Dialoganweisung und den Dialogen selbst, die doch etwas plump wirken. Wenn in der ersten Spielstunde alle paar Minuten ein blöder Mutter-Gag folgt, muss man unweigerlich an irgendwelche vermeintlichen “Comedy” Videos von Youtube Influencern denken. Das zeugt nicht unbedingt von Klasse.
Nach dem eher ruhigen Little Hope erinnert der neue Teil darum mehr an Abenteuer- Gruselfilme wie Die Mumie oder Alien – Die Rückkehr, bei denen lieber Hollywood Krawall auf dem Plan kommt. Die Bedrohung wird also weniger durch gruselige Momente, sondern den aufdringlichen Waffenterror, den beklemmend engen Gängen und den eigenwilligen Kreaturen- Designs geprägt.

Die Technik hat sich dagegen kaum verändert, wodurch Texturen, Charaktermodelle und Detailgrad weiterhin keinen »Next Gen« Stempel bekommen würden. Zwar sorgt man mit einem ordentlichen Motion- Capturing für einen filmischen Hollywood- Look, doch so manches Gesicht wirkt trotzdem viel zu detailarm. Dazu kommen verwaschene Objekte und Nachlade- Ruckler. Dafür überzeugt das Spiel immerhin bei der Beleuchtungs- Engine und der verspielten Kameraführung. Auch die Ladezeiten sind angenehm kurz.
Die Grafik ist dagegen eben nur (-noch) zweckmäßig, kann sich aber aktuell noch in den Cinematics sehen lassen. Für die Zukunft sollte man aber vielleicht mal die gesamte Engine überarbeiten. Die Entwickler bringen mit der dritten Episode scheinbar doch eher einen B-Movie, der an die wuchtigeren Alien- Nachfolger “Die Rückkehr” und “Die Wiedergeburt” erinnern soll.
Auch wenn man die Kritik damit nicht ausbleiben darf, hat mir der Horror- Trip sehr gut gefallen. Ein Durchlauf mit den Figuren dauert nur wenige Stunden, womit sich ein angenehmen Flow entwickelt, der zum Weiterspielen verleitet.
Würde man die bisherigen Spiele vergleichen, dann wäre »Men of Medan« wohl »Soma«, »Little Hope« dagegen »Silent Hill« und »House of Ashes« dürfte sich wie »Resident Evil 6« anfühlen! Für den günstigen Budget-Preis eine gute Balance.
FAZIT:
Mit »House of Ashes« gelingt Supermassive Games eine stimmungsvolle Geschichte, die tatsächlich auch mal durch ihre Figuren getragen wird. Dabei bleibt der klassische Horror aber zumeist auf der Strecke. Das Spiel darum auch leider einiges an Angriffsfläche, was durch die mittelmäßige Technik noch befeuert wird. Trotzdem hatte ich wieder einmal meinen Spaß mit dem Horrorausflug. Die Spiele des Entwicklerstudios ziehen mich einfach in ihren Bann, was auch daran liegt, dass ich großer (Horror-) Film-, und Serienfan bin. Wem es genauso geht und wer die Vorgänger mochte, der kann bedenkenlos zugreifen. Das Spiel pendelt sich ungefähr auf demselben Niveau ein!
Vielen herzlichen Dank an Bandai Namco Entertainment für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplares von
The Dark Pictures Anthology: House of Ashes für die Playstation 5:)