Yellowjackets war im letzten Jahr ein echter Überraschungshit, der sich gegen den Konsens der Jugenddramen setzte. Schließlich erwartet man von einer Teenager Serie überschwängliche Schuldramen mit klassischen Liebesgeschichten. Doch Showtime bewies mit ihrem Jugenddrama schnell, dass der Sender sein Zielpublikum versteht und sich auch mal bewusst etwas breiter aufstellt.
Die typischen Jugenddrama Tropes waren zwar auch in dieser Serie vorhanden, doch wirkte Yellowjackets in ihrer Geschichte deutlich näher am Erwachsenen Publikum orientiert.
Die Produzenten vermischten unterschiedliche Genres, um eine mysteriöse Storyline um den Flugzeugabsturz eines Fußballteams zu erzählen. Die überzeugte vor allem wegen der guten Balance, bei der es gelang zwei verschiedene Zeitlinien ohne große Unterbrechung zu verbinden.
Dadurch haben sich sich Ereignisse der Vergangenheit und Gegenwart überraschenderweise nie gegenseitig die Luft zum Atmen genommen, sondern waren stets gut aufeinander abgestimmt. Doch genau daran hapert es zeitweise in der zweiten Staffel des Showtime Hits.
Denn manchmal fühlt es sich doch so an, als würde sich die Geschichte in zu viele kleine Storylines verzetteln, um zum Ende verzweifelt einen Ausweg zu suchen.
Da die spannendsten Szenen ohnehin in der Vergangenheit liegen und man sich dort als Zuschauer auch das größere „Secret“ erhofft, wären schnellere Szenenwechsel die bessere Wahl gewesen. Denn zu oft gewinnt die Gegenwarts- Storyline die Oberhand und drängt die Geschehnisse aus der Jugendzeit an die Wand, was schade ist.
Aber immerhin helfen die Ereignisse in der Gegenwart auch die Flashbacks besser zu verstehen.
Es ist zudem auch in Season 02 wieder bemerkenswert, wie gut es sowohl der Erwachsene, als auch der jüngere Schauspielcast schafft die Geschichte mit all ihren dramatischen Szenen aufrechtzuerhalten und zu tragen.
Die zunehmend dichte Atmosphäre ist ein weiterer Pluspunkt der frühen Flashback Szenen.
Grundsätzlich versucht man zwar ein mystisches Gewand über die Geschichte zu streifen, doch im Endeffekt ist es mehr eine Traumaverarbeitung, die man als Zuschauer vorgesetzt bekommt. Die groteske Gewalt und die kurzen Ausblicke auf das, was die Mädchen & Jungs erlebt und getan haben, sind sicherlich auch für viele Zuschauer schwer zu ertragen.
Aber gerade davon lebt die Serie. Denn während sich die Erwachsenen mit den Konsequenzen ihrer frühen Taten abquälen, scheint es in der Vergangenheit auch noch zu viele Ungereimtheiten zu geben, die noch geklärt werden müssen.
Eine davon war schon in Staffel 1 die Frage nach dem (möglichen) Kannibalismus und dessen Folgen. In den neuen Episoden wurde diese unumgängliche Storyline schließlich durchgezogen und auf äußert drastische Weise inszeniert.
Damit schafft man schon jetzt eine der bedrückendsten und traurigsten Szenen der gesamten Serie. Und gerade das macht die Serie so spannend und ereignisreich.
Denn nachdem diese grausame Hürde erst einmal genommen wurde, kann man nur erahnen wie weit die Jugendlichen für ihr Überleben noch gegangen sein könnten. Dadurch wirkt die Geschichte auch unweigerlich bedrohlicher und emotionaler.
Die Horror- und Survival Elemente nehmen zu und auch das Publikum wird mit einer schwierigen Moral und Gewissensfrage konfrontiert.
Lässt sich der Kannibalismus der Jugendlichen wirklich nur mit dem starken Überlebenswillen rechtfertigen oder hätten die Mädchen auch einen anderen Weg finden können? Kann die Moral einfach so ad acta gelegt werden, wenn es um das eigene Überleben geht?
Diese Frage lässt sich schwer beantworten. Auch wegen Ben, der offensichtlich nicht dem Kannibalismus verfallen ist, was ihm zwar die eigene Menschenwürde, aber scheinbar nicht sein Leben rettete. Also, heiligt der Zweck doch alle Mittel? Diese Frage wird dir als Zuschauer unbewusst und völlig überraschend entgegen geballert.
Aktuell befindet sich Yellowjackets allerdings in einem offenen Hiatus, könnte man fast sagen. Denn das Season Finale endete viel zu abrupt und hinterließ mächtig Fragezeichen, die wegen des andauernden Autorenstreiks wohl lange nicht beantwortet werden können.
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