Schon als Teenager war ich vernarrt in Alternative, Punk und Metal. Jegliche Abwandlung dieser Genres, ob Pop-Punk, Metalcore, Indie-Rock, Melodic-Punk, Hardcore oder einfach klassischer Rock waren damals ständiger Begleiter auf meinem Mp3 Player. Schulausflüge, Busfahrten oder Schulpausen ohne Musik? Ohne mich. Ganz klar! Und so kam dann EIN Spiel für mich wie gerufen.

10 Jahre ist es nämlich nun her, dass Harmonix uns in Zusammenarbeit mit MTV Games eine echte Revolution im Musik- Genre bescherte. Nachdem der Entwickler schon unter Activision die Guitar Hero Serie in Umlauf brachte und damit ein neues Massenphänomen auslösten, richteten sie ihren Blick auf eine neue Gaming Reihe – Rock Band! war geboren. Anders, als noch in ihren Guitar Hero Spielen, war man hier als Spieler nicht nur auf eine Gitarre als Instrument beschränkt. Neuerdings ließen sich hier auch Mikrofon und Drums an die Konsole anschließen, wodurch ihr quasi eine eigene virtuelle Band gründen konntet. Für einen fanatischen Musikliebhaber, wie ich es damals war, natürlich ein gefundenes Fressen. Ich konnte den Release, der in Europa leider ein paar Monate verzögert erst 2008 erfolgte, kaum erwarten. Die Musikvielfalt war in diesem Spiel nämlich immens und bot viele meiner Lieblings-Bands.

Ich gebe es zu. Damals war ich ein echt nerviger Kerl. Jedem meiner Freunde, ob sie es hören wollten oder nicht, mussten sich meine viel zu ausschweifenden Monologe über neue Rockbands und Musikgenres gefallen lassen. Bis ins kleinste Detail fühlte ich mich dazu berufen die einzelnen Genres auseinander zu pflücken und ihnen zu erklären welche Band wie und warum nun genau in diese Kategorie fällt. Ja, ich habe meinen Freunden und meiner damaligen Freundin regelrecht auf den Ohren gelegen. Kaum zu glauben, dass es überhaupt wer aushielt.
Aber wer mit Leidenschaft ein Hobby verfolgt, ist wohl leider so. Passend also, dass mir Harmonix mit Rock Band noch einmal ordentlich Zündstoff gab. Schließlich hielten sowohl Guitar Hero, als auch Rock Band über die Jahre hinweg so meine Faves bereit. Von Rise Against, über Trivium, 30 Seconds to Mars, Blink-182, Sum 41, Yellowcard, Red Hot Chili Peppers, Three Days Grace, Papa Roach, Breaking Benjamin, Panic at the Disco, Killswitch Engage, Atreyu bis hin zu Paramore. Alles, was ich in meinen Teenage Jahren innig gehört habe, war irgendwie vertreten. Geil!
Mit Rock Band veränderten Harmonix zunehmend das Gefühl von Multiplayer- und Musikspielen. Um die Faszination zu verstehen, die damals durch Guitar Hero und Rock Band entstand, muss man allerdings schon etwas tiefer in die Materie eintauchen. Wir schreiben immerhin das Jahr 2007, als Rock Band erstmals in den Nordamerikanischen Handel kommt. Eine Zeit, in der die Nintendo Wii immense Erfolge mit Bewegungssteuerung feierte und sich auch Sony/MS so langsam überlegten auf den Zug aufzuspringen. Die Wii war in ihrer Blütezeit und jeder Entwickler wollte etwas vom bunten Kuchen abhaben. Kein Wunder also, dass viele Produzenten versuchten eine ähnliche Revolution zu schaffen. Schon zuvor waren schließlich Singstar und Just Dance erfolgreich gestartet und zerrten Videospiele förmlich in den Mainstream.

Im Fokus der Öffentlichkeit angekommen, sorgte Harmonix für den nächsten Hit, denn Rock Band und Guitar Hero waren gleichermaßen einfach gestrickt, aber Marketingtechnisch gesehen ein genialer Einfall. Das Konzept eines Rhythmusspieles war zwar nicht neu, sehr wohl aber die spielerische Umsetzung. Zum Zocken wurden nämlich Plastik- Instrumente benötigt, die das Spielen eines echten Musikinstruments spielerisch simulieren sollten. Unter vielen Musikern verschrien und von einigen Leuten nur belächelt, schlug die Musik- Gaming Welle aber so richtig ein. Nicht verwunderlich, denn Rock Band war die logische Weiterentwicklung von Guitar Hero und bot ein – bis dato – unbekanntes Gefühl beim Zocken. Das Spiel motivierte durch das Freispielen von Songs und war als Multiplayer ein echter Glückstreffer.

Nicht nur das Selber spielen machte Spaß, auch das reine Zusehen war unterhaltsam genug, um dem Game auf langen Party Nächten mal ein wenig Aufmerksamkeit zu widmen. Auch ich kann mich noch daran erinnern, dass ich im Sommer 2008 mit Freunden zusammen eine Zock- Nacht eingelegt habe, in der Rock Band voll im Fokus der Unterhaltung stand. Die Begeisterung für Musikspiele war im vollen Gange. Also packten wir meinen alten Röhren-Fernseher, der damals noch in meinem Zimmer stand und stellten ihn an die frische Luft. Dort kurz die Instrumente angeschlossen und schon ging das virtuelle musizieren in der sommerlichen Nacht los.

Aber zurück zum wesentlichen. Rock Band war eine Innovative Idee, die zwar teuer war, aber spielerisch zu begeistern wusste, wenn man sich denn darauf einlassen wollte. Natürlich gab es so einige Gegner, die kritisierten man solle doch lieber ein echtes Instrument lernen. Als jemand, der selber seit Teenager Zeiten Gitarre spielt und auch ab dem 17. Lebensjahr zusätzlich ein Keyboard daheim hatte, fand ich diese Äußerung aber schon immer dämlich. Schließlich sagt auch niemand “Hey, bevor du Fifa spielst, geht doch in den Garten und kick gegen den Ball” oder “Statt Call of Duty einzulegen kannste auch auf den Schießstand gehen!”

Videospiele sind ein Unterhaltungsmedium und sollen kurzzeitig Spaß bringen. Und genau das schaffte Rock Band auf sehr einfache Art und Weise. Während seiner Blütezeit gab es keinen besseren Weg gemeinsam in einer Gruppe vor dem TV zu hocken und Musik zu hören. Dank Harmonix landete auch endlich wieder Rock Musik im Mainstream und sorgte für einen größeren Anklang, beim sonst so Pop- verliebten Publikum. Rock Band ließ Leute mit Musik in Berührung kommen, die sie sonst wahrscheinlich niemals kennengelernt hätten. Dasselbe gilt sicherlich auch für Menschen selbst, die durch die Liebe zur Musik spielerisch zusammenkamen.

Das Musik-Genre war 2006-2008 so beliebt, dass etliche lizenzierte Bands Songs beisteuerten und 2009 in Guitar Hero: World Tour teilweise sogar als Musiker auftauchten. Zu ihnen zählten nicht nur Zakk Wylde und Travis Barker, sondern auch Paramore Frontfrau Hayley Williams. Letztere war mit ihrem Album Riot und dem Superhit Misery Business gerade in aller Munde und wurde für Performance Capture Aufnahmen ins Studio geladen. Rock Band von Harmonix blieb dagegen lieber bei dem, was sie stets ausmachte – Der gekonnte Spielfluss. Und die Verkaufszahlen gaben ihnen recht. Auch wenn es für mich als Musikfan schon cooler war Leute wie Hayley in einen Videospiel zu sehen. Trotzdem war Rock Band eine Wucht.
Leider hatte der große Erfolg aber auch seine Negativseiten. Die Publisher EA (Rock Band) und Activision (Guitar Hero) schnappten über und wollten den Musik- Markt melken, wie eine alte Milchkuh. Der Videospiel Markt wurde regelrecht überschwemmt. Zwischen 2008 und 2010 erschienen für verschiedenen Plattformen (PS3/360, PC, NDS, IOS) 23 Spiele!!! aus dem Rock Band und Guitar Hero Kosmus. Dazu kamen Add-Ons, die teilweise auch noch als Handelsversion veröffentlicht wurden (Rock Band Track Vol.1 & Vol.2) und ein Pop Ableger mit Band Hero. Sogar ein Rock Band mit Lego Lizenz gelang zeitweise in den Handel.

Es sollte wohl jedem klar sein, dass der Markt für diese Anzahl einfach keinen Platz mehr hatte. Die Spieler waren Müde vom selben Gameplay und hatten keine Lust ständig neue Plastik- Instrumente zu kaufen, die überteuert auf den Markt geworfen wurden. Zumal das spielerische Konzept in keiner Weise verändert wurde oder neue Innovationen hervorbrachte. Guitar Hero und Rock Band waren einst die größten Konkurrenten und teilten die Fan- Gemeinden unter sich auf, doch spätestens 2010 hatten sie ihre Spiele gegenseitig vernichtet. Der Musikspiele Markt war dort angekommen, wo er vor dem Debüt von Harmonix Kult- Serie angefangen hatte – Bei Null!
Niemand wollte die Spiele und Rock Musik war leider wieder in der Versenkung verschwunden, was den Mainstream Geschmack betrifft. Wirklich schade, denn Rock Band war 2007 ein einzigartiges Stück Software und sicherlich bis heute in den Gedächtnissen vieler Spieler verankert. Vor zwei Jahren versuchten Rock Band und Guitar Hero noch einmal das Musik- Genre auf Konsolen zu retten und veröffentlichten gleichzeitig Guitar Hero Live und Rock Band 4. Letzteres bot dabei wieder das Altbekannte und war nur ein leichtes Aufwärmen eines alten Gerichtes. Dagegen war Guitar Live mit seiner neuen Kameratechnik und der überarbeiteten Gitarre mal wieder etwas neues und wirkte ziemlich modern.
Nur leider hatte die Pause dem Musik- Genre trotzdem nicht gut getan. Das Interesse pegelte sich gen Nullpunkt ein und so ist die Geschichte um diese beiden Franchises wohl abgeschlossen. Eine Dekade ist es nun also schon her, seit Rock Band den Videospiel Markt mit neu formierte und auch Casual Gamer vor den Bildschirm zog. Hätte mir damals jemand gesagt, dass diese Videospielreihe, die Millionen an Gewinn einfuhr und ein ganzes Videospiel- Genre fast im Alleingang revolutionierte, Heutzutage nur eine unwichtige Randnotiz sein würde, dann hätte ich ihn wohl für verrückt erklärt. Oder ich hätte kurz drüber gelacht und mich wieder meinem Highscore und den Plastik- Instrumenten zugewandt.

Rock Band ist ein wichtiger Bestandteil der Gaming History, aber heute so unbedeutend wie ein Sack Reis, der in China umfällt. Oder wie auch immer die Redewendung geht. Das traurige daran ist, dass sowohl Rock Band, als auch Guitar Hero auch heute noch Spaß machen und sie nie dazu neigten nicht mehr unterhaltsam zu sein. Es ist nur so, dass es niemanden mehr zu interessieren scheint. Ich für meinen Teil hole die Plastik- Instrumente aber zeitweise gerne noch wieder hervor und vergnüge mich ein wenig mit dem virtuellem musizieren. Seit jeder spiele ich gleichermaßen gerne auf meiner echten E-Gitarre Epiphone Dot Cherry und meiner Semi-Acoustic Ovation Dj Ashba, wie auch auf der gefakten Plastik- Fender von Rock Band.
In diesem Sinne – Vielen Dank an Harmonix für etliche Stunden Spielspaß und dem Gefühl daran teilgenommen zu haben ein neues Massenphänomen zu schaffen. Ihr wart seid Klasse.