Verrückt, stylisch und bunt. Das Merkmal von Studio Trigger Produktionen trifft auch auf Kiznaiver zu. Ob sich aber noch mehr unter der Fassade versteckt, verrate ich euch im Test…
Handlung
Schmerzen zu empfinden, ist für jeden Menschen die Normalität. Nicht so jedoch für den lethargischen Katsuhira, dessen Schmerzempfinden nahezu nicht existent ist. Seit seiner Kindheit versteht er das Wort Empathie nicht und kann sich nicht in seine Mitmenschen hinein fühlen. Täglich widersteht er dem Verlangen sich gegen seine Mobber zu wehren, da er ohnehin die Schläge nicht wahrnimmt.

Eines Tages trifft er jedoch das Mädchen Noriko, die ihm unerwartet die Treppe hinabstößt. Wieder bei Bewusstsein zeigt sch der perfide Plan Noriko’s, die ihn und vier seiner Mitschüler entführt und einer Operation unterzogen hat. Durch eine Verbindung ihrer Nervenstränge sollen die Teenager fortan die Schmerzen und Gefühle des jeweils anderen spüren. Dies dient laut Noriko als vorläufigen Testversuch die gewaltbereite Welt vor Kriegen zu schützen. Werden die Teenager einen gemeinsamen Weg finden diesen Umstand ihrem Leben zu bewältigen?
Bild & Animation
Kiznaiver wird dem Zuschauer genauso extravagant präsentiert, wie man es von Studio Trigger Produktionen gewohnt ist. Sicherlich erreicht das seltsame Werk nicht die klassisch übertriebene Over-The-Top Inszenierung eines Kill La Kill, die wohl weiterhin ihres Gleichen sucht, doch ist auch Kiznaiver weit von einer “Normalo” Produktion entfernt.

Mit seinen lebhaften Farbpaletten, den prima Animationskünsten und seinem frischen Art-Style, der stilsicher umgesetzt wurde, hat der Original Anime definitiv ein genauso individuelles Bildschema zu bieten. Das Animationsstudio Trigger erschafft schöne Illustrationen, die auch die düstere Stimmung in vielen Szenen sehr gekonnt einfängt. Eine Stylische Produktion, die nicht nur gut animiert wurde, sondern auch einige markante Charakter-Designs enthält. Visuell zeigt sich Kiznaiver also als waschechte Trigger Produktion.
Sound & Musik
Musikalisch fängt das Studio den verrückten Genre Mix ziemlich gut ein und liefert einen Soundtrack, der jederzeit zu passen scheint. Auch die Lokalisation empfand ich als durchaus zufriedenstellend. Sicherlich gibt es hier und dort ein paar wenige Defizite, was sich meist bei den weiblichen Sprechern zeigt – Amira Leisner, als Chidori trifft z.B. nicht immer den richtigen Ton – , doch im Großen und Ganzen weiß das Tonstudio mit dem Material umzugehen.

Schließlich legen sich dafür andere Sprecher ins Zeug und werden der Over-The-Top Produktion mit ihrer Darbietung gerecht. Erwähnenswert finde ich hier Leonard Hohm, der als Hajime Tenga eine wirklich überzeugende Performance abliefert und mich bei den Gags auch zum Schmunzeln gebracht hat. Das Tonstudio, das von Peppermint Anime engagiert wurde, hat eigentlich gute Arbeit mit den Texten geleistet und bringt Dank der Sprecher auch humorvolle Szenen gut rüber. Wie zuvor angemerkt, gilt dies nicht für jede Sprecherleistung, doch kann man sich den Anime in der deutschen Fassung durchaus anhören. Es gibt aber definitiv bessere Synchronisationen von Peppermint’s Lizenzen.
Content & Verpackung
Mit Kiznaiver veröffentlicht Peppermint Anime das neueste Werk von Studio Bones und liefert euch die Disk in einer normalen Bluray-Hülle, die jedoch mit einem schicken Pappschuber verpackt wird. Das USK-Logo lässt sich hierbei sehr leicht und spurlos entfernen, was für Sammler sicherlich von großer Bedeutung ist.

Insgesamt erwarten euch in der ersten Volume sechs Episoden, die eine Laufzeit von 150 Minuten haben. Als digitale Extras erwartet euch hier das Standard-Programm aus Trailer und Clean-Opening. Für potenzielle Käufer wichtig: Kiznaiver ist nur auf Bluray erhältlich. Eine DVD Fassung wird nicht ausgeliefert.
Inside Anime
Studio Trigger ist für seine kuriosen Over-The-Top Produktionen bekannt, die zwar stilsicher präsentiert, aber vollkommen absurd erzählt werden. Auch Kiznaiver sticht wieder als stylischer Original Anime aus der Masse hervor. Das Konzept der Serie scheint hier irrwitzig genug, um Lust auf die Geschichte zu machen und den Zuschauer vor die Fernseher zu locken.

Die Trigger Produktion setzt bewusst auf einen humorvollen Grundton, überschattet die “Lustigkeit” aber mit bedeutsamen Fragen und zeigt sich so tiefsinniger, als vermutet. Es sind Äußerungen, die unsere Welt wohl schon seit jeher quälen – Warum zum Beispiel interessieren uns die Konflikte um uns herum nicht? Wieso fällt es uns so unfassbar leicht sich gegenseitig zu verletzen? Und warum behandeln wir uns Menschen zeitweise wie Dreck? Vermutlich liegt in unserer Natur begründet alles zu verteufeln, dass wir nicht verstehen. Wir versuchen gar nicht erst mehr über unsere Mitmenschen und ihre Überzeugungen zu erfahren. Vielleicht ist das der Grund, weshalb Kriege entstehen.

Würden wir also alle dasselbe fühlen, wäre es dann möglich in Frieden zu leben? Um hierauf eine Antwort zu finden, wird das Kiznaiver Programm ins Leben gerufen, bei denen die Nervenbahnen verschiedener Teenager verbunden werden, um so den Schmerz zu teilen. Es ist schon komisch, dass die Autoren solch ernste Fragen aufwerfen, die auch mit Leichtigkeit für ein klassisches Drama funktionieren könnten. Immerhin will Kiznaiver an der Oberfläche eine lockere Action- Comedy sein. Alles unter einem Hut zu bringen, scheint daher schwer, doch die Autoren schöpfen tatsächlich viel aus dem vorhandenen Potenzial. Die Strukturierung der Episoden fühlt sich hierbei auch sehr gekonnt an, wodurch die Geschichte schnell ins Rollen kommt und man als Zuschauer schon frühzeitig interessante Charakter- Backgrounds und Wendungen zu Gesicht bekommt.

Der Main-Plot lässt nicht allzu lange auf sich warten und wir rasch vorangetrieben. Ein flüssiges Erzähltempo, das ohne lange Pausen zum Punkt kommt, ist schon oftmals die halbe Miete und sorgt auch hier für eine Bindung zum Zuschauer. Das Storytelling ist anfangs vorbildlich gelungen, was auch an der geschickten Einbindung der Teenager- Backgrounds liegt. Dadurch, dass jedes Kiznaiver- Mitglied ihre tiefsten Geheimnisse verraten muss, erhält der Zuschauer selbst schnell Einblicke ins Innenleben der Personen. Das Kizna- System trägt somit zwar den Background Plot, doch der Anime handelt augenscheinlich mehr um die Persönlichkeiten der Charaktere, ihre Ängste und Gedanken.

Hierdurch erreicht die Animationsserie eine Tiefe, die man bei Comedy-Action nicht unbedingt erwarten würde. Der Anime driftet aber auch gerne mal in die Melodramatik, was in Anbetracht der übertriebenen Emotionen leicht lachhaft wirkt, doch dürfte dies nur den wenigen missfallen. Vielmehr sehe ich die Probleme in der Anzahl der Charaktere, bei denen es schwer sein wird eine authentische Entwicklung für jeden zu schaffen. Auf Dauer könnte dies recht einseitig ausfallen. In Volume 1 ist hiervon aber natürlich noch nichts zu spüren. Es ist schwierig Kiznaiver zu bewerten, da unter der Oberfläche scheinbar mehr schlummert, aber es wohl letztlich mehr eine typische Slice-of-Life / Coming-of-Age Geschichte wird, die das Story Thema nur als Grund nutzt. Trotzdem bleibt hier ein durchschnittlich guter Anime, der zumindest mich gut unterhalten konnte.

©TRIGGER, Mari Okada / Project KIZNAIVER