Mit Fear Street erschuf Regisseurin Leigh Janiak eine Filmtrilogie, die nicht nur weitaus erwachsener erzählt wurde, als es die Buchvorlage von R.L. Stine hergab, sondern inszenierte das Gruselkabinett auch mit überaus vielen Anspielungen auf die Popkultur, Literatur und verschiedene Epochen des Horrorfilms. Idealerweise kamen dabei einige vielversprechende Easter Eggs bei rum, die ich euch als alter Horrorhase nun mal vorstellen möchte.
Fünf, sechs – jetzt holt dich gleich die Hex!
A Nightmare on Elm Street hat über Jahrzehnte hinweg das modernen Horrorkino geprägt. Die Vielzahl an Filmen und die ikonische Hauptfigur sorgten dafür, dass das Nightmare Franchise weit in der Popkultur verankert wurde. Darum ist es auch nicht verwunderlich, dass auch Janiak sich kleine Anspielungen nicht unterlassen konnte. Das wird schon teilweise an der Geschichte spürbar. So werden Deena, Sam & Co. in Fear Street auch von einem übernatürlichen Wesen heimgesucht, dem tatsächlich auch ein kleiner Ortsbekannter Reim gewidmet wurde.

Der unheimliche Verse über die Hexe Sara Fier, die seit Jahren in Shadyside ihr Unwesen treibt, erinnert doch verblüffend an den Reim, den auch jeder Bürger der Elm Street bestens kennen dürfte. Fear Street, Elm Street. Na, das passt doch gewiss zusammen. Kurioserweise wird in der Deutschsprachigen Fassung auch von einer Hexe gesprochen. »Eins, zwei – Freddy kommt vorbei. Drei, vier – schließ ab deine Tür. Fünf, sechs – Jetzt holt dich gleich die Hex« bringt uns in Deutschland tatsächlich eine lustige Parallele zur Fear Street Hexensaga. Und wenn wir dann noch leicht um die Ecke denken, entdecken wir auch im Sommercamp einen versteckten Hinweis auf Freddy Krueger. Denn in Teil 3: Dream Warriors werden wir Zeuge davon wie sich die Krankenschwester in Freddy selbst verwandelt und Jagd auf einen Jugendlichen macht. So oder so ähnlich verhält es sich auch in Fear Street, wo wir ebenfalls eine labile Krankenschwester in Camp Nightwing erleben, die sich kurzerhand Mordlustig auf einen jugendlichen Camper stürzt.
Cheat Code für Extra Life!
“Up, Up, Down, Down, Left, Right, Left Right. Pause. Start.” Die meisten Nerds dürften diese Kombination sofort erkennen. Es handelt sich hierbei natürlich um den beliebten Konami Code, der einst als Hilfsmittel im Spiel Gradius integriert wurde und später zu einem Insider Gag verkam.

Denn der wohl bekannteste Cheat-Code der Welt ist für verschiedene Freischaltungen zuständig und bringt z.B. Bonus Leben oder verborgene Power-Ups zum Vorschein. Aus diesem Grund hat sich der Code auch in der Trilogie eingeschlichen, wo Josh und Deena ihn zeitweise murmeln. In gewisser Weise dient das in Fear Street weniger als Gag, sondern mehr als Mantra und Glücksbringer für die Jugendlichen.
Ziggy is a witch b*tch!
Die Trilogy macht keinen Hehl daraus wie sehr die Geschichten von Stephen King die gesamte Horror-Literatur geprägt haben. Schon allein für dessen Referenzen lassen sich Seiten füllen. Seien es Anspielungen auf »The Shining«, »Brennen muss Salem« oder »Es!«. Die auffälligste dürfte der kleine Wink mit dem Zaunpfahl sein, der auf den Kinofilm »Carrie« abzielt. Die wohl bekannteste Szene, die der Film zu bieten hat, spielt sich beim Abschlussball ab, wo die Mitschüler sich einen fiesen Streich für die unschuldige Carrie ausdenken und sie als Ballkönigin mit roter Farbe (Blut) überschütten.

In Fear Street gibt es auf diese Szene in zweifacher Hinsicht eine Anspielung. So sieht man Ziggy wie sie gerade mit roter Farbe herumspielt, um sie später ihrer “Feindin” Sheila über den Kopf zu gießen. Ihr Freund Nick überzeugt sie jedoch davon stattdessen Krabbeltiere zu nutzen. An diesen Moment erinnert sich später auch die Erwachsene Ziggy noch einmal zurück, als es darum geht die übernatürlichen Kreaturen einzufangen. Eine durchdachte Referenz an einen Klassiker der Filmgeschichte. Es ist aber auch nicht überraschend, dass Ziggy ein Fan von King’s Arbeiten ist. Schließlich wird auch sie ständig von ihren Mitschülerin schikaniert und kann sich darum wohl gut in Carrie’s Haut hineinversetzen. Beide sind auf ihre Art Opfer einer Generation von Jugendlichen, denen es gefällt andere physisch und psychisch zu quälen. Zumal Ziggy auch der typische rebellische Außenseitertyp ist.
Josh, der Sammler!
In Fear Street Teil 1: 1994 scheint der Fluch schon fast besiegt, weshalb Deena & Sam endlich ein wenig Zeit zu Zweit verbringen möchten. Während die beiden im Bett liegen, schaltet die Kamera auch so langsam in den Keller zu ihrem Bruder Josh, der sich gerade in einem Chat-Gespräch befindet.

Dabei zeigt die Kamera kurzzeitig auch das prall gefüllte Sammlerregal von Josh, auf dem einige bekannte Figuren zu erkennen sind. Der kleine Nerd hat sich z.B. auch eine Sturmtruppler Actionfigur aus dem Star Wars Universum angeeignet.
Netflix und ihre Vampire!
Während der Ereignisse im Jahre 1994 zeigen die Produzenten Josh gerne mal als Über-Nerd, der sich mit Videospielen und Legenden auskennt. Und welche Spieleserie gehört zum guten Ton der 90’s? Natürlich der Konami Hit »Castlevania: Bloodlines«, den man kurz auf einem alten Röhrenfernseher zu Gesicht bekommt.

Obwohl die Trilogie ursprünglich fürs Kino gedacht war, enthält der Film damit auch eine unbewusste Werbung für eine der populärsten Anime Serien des Streaming-Riesen Netflix. Schon ironisch, oder?
Schrei, wie bei Wes’!
Es dürfte sicherlich niemanden überraschen, dass im ersten Teil auch viele Hinweise zu den legendärsten Werken des Wes Craven’ zu finden sind. Schon die Eröffnungsszene lässt keine Zweifel aufkommen, dass Janiek auch große Stücke auf Scream & Co. hält. Ein Killer im schwarzen Outfit, weißer Maske und einem Messer ist nicht unbedingt subtil. Zumal wir hier auch die klassische Szenerie mit einer Jugendlichen haben, die gerade allein am Telefon hängt. Doch nicht nur die bedrohliche Atmosphäre lässt sich klar als Hommage kennzeichnen.

Man hat sich sogar den ersten Mord als Beispiel genommen und liefert eine fast 1:1 Kopie, inklusive Slow-Motion Flucht und Demaskierung des Killers. Im Gegensatz zum Original erfahren wir aber auch als Zuschauer wer sich unter der Maske verbirgt, was in Scream damals noch gänzlich anders gelöst wurde. Ebenfalls übernommen wurde die Idee sich schon recht früh von einer bekannten Schauspielerin zu verabschieden. Denn genau wie Drew Barrymore, die als Werbefigur für Scream genutzt wurde, aber schon im Opening zum Opfer wurde, wird auch in Fear Street das bekannteste Gesicht geopfert. Schließlich dürfte Maya Hawke durch ihre Arbeit bei Strangers Things und ihre Verwandtschaft zu Ethan Hawke & Uma Thurman sicherlich die populärste Schauspielerin sein.

Immerhin war sie auch weitaus präsenter in Promos und Werbetrailern. Das dürfte bei Fear Street Fans genauso für Verwunderung gesorgt haben, wie damals in den 90’s der frühzeitige Ausstieg von Drew Barrymore. Es gibt also einige Parallelen zum Horrorklassiker, der hier mit Maya Hawke als erstes Opfer gekonnt imitiert wurde. Übrigens sollte dabei auch kurz Alfred Hitchcock erwähnt werden. Denn niemand geringerer als der Altmeister des Gruselfilms hat den Trend gestartet schon frühzeitig den Star aus den Film zu nehmen. Bei ihm war es z.B. Janet Leigh in Psycho, der bei seinen Zuschauer für schockierende Überraschung sorgte.
Die Nacht der lebenden Toten!
Nachdem sich der Nightwing Killer quer durchs Ferienlager gemordet hat, wollen Ziggy & Cindy den Fluch endgültig aufheben und begeben sich zum alten Baum, bei dem die Überreste der Hexe vergraben sein sollen.

Dort angelangt, werden sie so langsam von einer Gruppe an Untoten Wesen umzingelt, die ihnen ans Leder wollen. Haben wir es hier zufälligerweise mit einem unscheinbaren Tribut an Romero und dessen Night of the Living Dead zu tun? Man könnte es fast meinen, betrachtet man Kameraführung und Inszenierung.
Falsche Nummer, auf dem Buch!
Was wäre eine Roman- Verfilmung würde man nicht irgendwo auch die Bücher präsent einfangen? Während die Kamera also so langsam über die Bibliothek wandert, taucht auch ein Bücherregal mit Jugendromanen von einem Autor Namens »Robert Lawrence« auf, dessen Name eine gezielte Anspielung auf R.L. Stine darstellt.

Dessen vollständiger Name lautet nämlich auch Robert Lawrence Stine. Überaus auffällig wird auch ein Roman mit dem Titel »The Wrong Number« ins Bild gehalten. Hierbei handelt es sich um den fünften Band der Fear Street Reihe, der in Deutschland unter »Falsche Nummer! – Der Mörder ist am Telefon« bekannt ist.
Die Nacht des Grauens!
Die Halloween Filmreihe war besonders geprägt durch eine einmalige Kameraführung, bestechende Atmosphäre und gruseliger Grundstimmung. Darum ist es kaum verwunderlich, dass man diesem Horrorklassiker auch seine Aufmerksamkeit widmet.

Während sich Deena und Josh gerade Zuhause eine Pizza zubereiten, werden sie von einer unheimlichen Person aus der Ferne bedroht, der nach einem Kamerawechsel spurlos verschwunden ist. Ein direkter Tribut an Michael Meyers und dessen unheimliches Auftreten.
Zurück in’s Camp Crystal Lake!
Der Mittelteil 1978 kann kaum verbergen, wo seine genauen Vorbilder liegen. Da man die Filmwirkung der alten Freitag der 13. Teile unbedingt nachbilden wollte, hat man sich nicht nur visuell und von der Kameraführung daran orientiert, sondern auch dem Killer einige Merkmale von Jason gegeben. Denn der Nightwing Killer tritt nicht nur erbarmungslos und ruhig auf, sondern erhält auch im Laufe der Handlung ein Outfit, das unweigerlich an Jason erinnert. Ebenso könnten seine Bewegung und einige Morde genauso gut der Filmreihe entnommen sein.

Kam euch das Ferienlager im Jahre 1978 eigentlich auch gewaltig bekannt vor? Das hat seine Gründe. Denn die Filmemacher waren enorm detailverliebt in ihrer Arbeit. Man wollte nicht einfach nur ein vergleichbares Bühnenbild bauen, sondern hat direkt denselben Drehort gewählt, der auch dem Original Freitag der 13 diente.
Sarah Fier’s Fluch
Wer sich die bisherigen Referenzen durchgelesen hat, dürfte schon fast der Meinung sein, dass Leigh Janiak einzig nur das Slasher Genre ehren wollte. Doch tatsächlich finden sich auch andere Horror- Subgenres als Anspielung ein. In Fear Street Teil 1: 1994 sind sich die Jugendlichen z.B. einig darüber, dass man wahrscheinlich mit den Überresten der Hexe und dem Zusammenfügen der einzelnen Knochen den Fluch beenden könnte.

Hier entlehnt man sich also bewusst Ideen aus verschiedenen Supernatural- Filmen wie Poltergeist, womit wir beim anderen großen Stephen der Filmproduktion wären, Stephen Spielberg als maßgeblicher Einfluss des Films.
Musikalische Tribute!
Die Hommage an die Popkultur der 70er und 90er Jahrzehnte zeigt sich in Fear Street nicht nur meisterhaft in verschiedenen Horrorfilm und Roman- Anspielungen, sondern auch stark an der Musikauswahl.

So beginnt z.B. Part 2: 1978 erstmals im Jahre 1994, wo sich die erwachsene Ziggy gerade ihre Abendroutine erledigt (ne’ menge Schlösser an der Tür) und im Hintergrund das Lied »The Man Who Sold The World« in der einmaligen Cover-Version der Band Nirvana spielt. Denselben Hit hören wir später noch einmal im Rückblick des Jahres 1978 in der Endszene mit Ziggy, wo stattdessen nun aber das Original von David Bowie abgespielt wird. Eine wirklich tolle Idee des Produktionsteams.
Das wären sie, die vielen Anspielungen und Easter Eggs, die sich in der Filmreihe verstecken. Es lässt sich wohl mit Fug und Recht behaupten, dass Leigh Janiak und ihr Team einen kurzweiligen Sommerhit abgeliefert hat, sich gekonnt den Gepflogenheiten des Horrorkinos annimmt und die Klassiker ehrt.