von | März 6, 2025

Die Evolution des Anime-Genres

Das Gene „Anime“ hat sich über die Jahre hinweg schon recht stark weiterentwickelt und ist inzwischen ein fester Bestandteil der globalen Unterhaltungsindustrie. Es wird…

Das Gene „Anime“ hat sich über die Jahre hinweg schon recht stark weiterentwickelt und ist inzwischen ein fester Bestandteil der globalen Unterhaltungsindustrie. Es wird also vielleicht mal Zeit einen Blick zurückzuwerfen. Denn die Entwicklung des Genres, von den Klassikern bis hin zu den modernen Produktionen, ist spannend und voll Kreativität geprägt. In unserem kleinen persönlichen Ausflug erfahrt wie Anime nicht nur die Leinwand, sondern auch andere Medien wie Videospiele und Musik beeinflusst hat.

Die Anfänge des Anime: Ein neuer Horizont in der Animation

Die tiefen Ursprünge des Anime reichen schon fast bis in die frühen 1900er Jahre zurück, als japanische Animator*innen damit anfingen die westliche Techniken der Animation zu adaptieren und mit den eigenen Elementen zu verfeinern. Einer dieser bedeutenden Meilenstein des Anime war der erste japanische Animationsfilm Namakura Gatana, der schon 1923 veröffentlicht wurde. Das muss man sich nur mal gedanklich vorstellen. Wir sprechen hier von einem Jahrhundert Anime Tradition.

In den 1960er Jahren setzte dann die Arbeit von Osamu Tezuka mit Astro Boy (Tetsuwan Atom) einen entscheidenden Wendepunkt in der visuellen Inszenierung und künstlerischen Umsetzung des Genres, das zuvor vom westlich Stil inspiriert war. Die Serie gilt als der erste kommerziell und weltweit erfolgreiche Anime, der den Grundstein für die zukünftige Entwicklung des Genres hinsichtlich Handlung, Charakterentwicklung und Vielfältigkeit legte. Tezukas Einfluss ist bis heute in vielen modernen Animes zu spüren.

Die 1970er und 1980er: Das Goldene Zeitalter des Anime

Die 1970er und 1980er Jahre waren ebenso eine entscheidende Zeit für die Weiterentwicklung des Anime. In dieser Ära etablierten sich mehrere Subgenres und der Anime begann, eine breitere Zielgruppe anzusprechen. Zu den wichtigsten Entwicklungen in dieser Zeit gehörte die Entstehung von Mecha-Animes, die mit Serien wie Mobile Suit Gundam (1979) und Mazinger Z (1972) weltweit an Popularität gewannen und ein neues Genre formte, das bis Heute viele Nachahmer erzeugte. Nicht ohne Grund gilt Neon Genesis Evangelion unter Anime Fans als regelrechter Kulthit. All diese Serien, die eigentlich bunt und künstlerisch inszeniert waren, behandelten plötzlich Themen wie Krieg, Technologie und das Verhältnis zwischen Mensch und Maschine. Dadurch setzte man auch Maßstäbe in der Action-Animation Produktion und war Vorbild für viele US-Kinofilme. Die 90’er waren später durch die Einführung von Neon Genesis Evangelion (1995) stark geprägt. Schließlich zeigte die Serie eine neue Meta-Ebene des Mecha- und Psychologie-Genres und revolutionierte wie das Publikum in einem Anime auf tiefgründigen philosophische Themen mit komplexen Charakteren reagierte. Aber der Reihe nach. Bevor wir die 90er erreichen, sollten wir allerdings noch einmal die 80er besuchen, die nicht gerade unwichtig für den Wandel des Genres waren.

Denn auch nicht zu unterschätzen in der Anime Sub-Kultur war die Produktion von Akira (1988), den viele Heutzutage als einem filmisches Meisterwerk betrachten und Anime weltweit bekannt machte. Die düstere Zukunftsvision war damals sicherlich ein überraschendes Gesamtbild. Nicht nur überzeugte man mit visuell hochwertigen Designs und einer zutiefst bedrückten Weltanschauung, man schaffte es auch die Animation auf eine neue Ebene zu heben. Es ist noch gar nicht so lange her, dass ich mir Akira auf Bluray reingezogen habe und wieder einmal erstaunt über dessen mutige Inszenierung, aber auch flüssige Animation war. Die Produzenten setzen tatsächlich Maßstäbe über Generation hinweg und inspirierte zahlreiche Filmemacher. Akira hat nicht nur die Ästhetik des Anime geprägt, sondern auch eine neue Welle von internationaler Anerkennung für das Genre eingeläutet.

Die 1990er: Anime als kulturelles Phänomen

In den 1990er Jahren erreichte Anime schließlich eine gänzlich neue Dimension der Popularität, die weit über Japan hinausging. Serien-Klassiker wie Dragon Ball, Captain Tsubasa, Pokemon, Digimon und Sailor Moon wurden quasi über Nacht zu Welthits. Die Pokemon überrannten förmlich den Markt mit ihrer Merchandise Welle, während Digimon als Nachzügler das neue Jahrtausend einläutete. Dieser Umschwung betraf nicht nur die Anime Branche, sondern stärkte auch den Videospiele-Markt. Die Pokemon Edition Rot & Blau für den Game Boy gingen zeitweise weg wie warme Semmel. Jedes Kind wollte plötzlich Pokemon-Trainer werden.

Während des „Anime Booms“ in den USA und Deutschland, der mit Pokemon u. Digimon in den späten 1990er Jahren begann, fanden viele Animes ihren Weg auf westliche Bildschirme und der hiesige Markt wurde ein Bestandteil der weltweiten Anime-Industrie. Auch ich erinnere mich noch allzu Gut an die früheren Kindheitstage, als das RTL2 Nachmittagsprogramm so ziemlich jedes Schulkind vor den Fernseher zerrte. Diese enorme Expansion, ausgelöst durch den Pokemon Boom, half nicht nur das Wort Anime als kulturelles Phänomen im internationalen Raum zu etablieren, sondern führte auch zu einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen japanischen Studios und westlichen Unternehmen. Auch Disney griff in den 90er zeitweise auf japanische Hilfe zurück und ließ dort die Serie Gargoyles anfertigen, die auch Heute noch viele Fans besitzt. Abonnenten des Disney+ Service haben mittlerweile die Möglichkeit die einstige Kinderserie in all ihrem Glanz & Gloria noch einmal im Stream zu erleben.

Der Film Perfect Blue (1997) markierte ebenfalls einen Wendepunkt in der Inszenierung und Erzählung von Anime Produktionen. Mit seiner intensiven Atmosphäre und der verwendeten Bildsprache erschuf man ein Weg mit enormer thematischer Tiefe. Der psychologische Thriller von Satoshi Kon um ein ehemaliges Pop-Idol, das in eine ernsthafte paranoide Identitätskrise rutschte, inspirierte später sogar Filmemacher wie Darren Aronofsky zu Black Swan.

Die 2000er und 2010er: Vielfalt und Innovation

In den 2000er Jahren begann sich das Anime-Genre schließlich noch weiter zu diversifizieren. Es entfachte ein regelrechter Hype in Kinder- und Jugendzimmern und jede neue Anime Serie des TV Senders RTL2 wurde mit Hochspannung erwartet. Zwischen 1999 und 2003 kamen gefühlt alle 2-3 Monate neue Anime ins Fernsehen, die auch zugleich mit einem einzigartigen Soundtrack begeistern konnten. Die Anime Hits der Toyco Studios sind für Kinder der 90er schon fast ein Stück weit Erinnerung an die sorgenfreien Jahre und werden auch Heute noch zuhauf von Fans zelebriert. In Kürze erscheint sogar eine exklusive Vinyl Edition der früheren Hits, die jeden Fan zum Mitsingen anregen dürfte. Die Japaner nutzen den Hype um ihre Kunstform also geschickt aus, um international Merchandise und Kinofilme zu vertreiben. Zur Jahrtausendwende hin fanden Pokemon, Digimon, Dragon Ball und Yu-Gi-Oh ihren Weg ins Kino und feierten Erfolge mit hohe Einnahmen. Viele dieser Kinofilme hatten zum Erscheinungstermin fast schon Event-Charakter. Die Pokemon und Digimon Kinofilme waren sozusagen das neue Star Wars, was die Popularität und Erwartungshaltung an Kinokassen anbelangte. Durch diese internationalen Werbemaßnahmen wurde das Wort „Anime“ endgültig auch für die älteren Zuschauer salonfähig gemacht. Auf diese Weise formte sich eine gänzlich neue Anhängerschaft, die das Anime Genre tief in die Popkultur führte und bis in die 2010er auch im Erwachsenen Alter als Fans stärkte. Mit dem internationalen Erfolg der einzelnen TV Serien und zahlreichen Neuerscheinungen im Games, Kino und Manga Bereich wurde Anime ein Synonym für eine ernsthafte Kunstform aus Japan.

Anime Serien wie Naruto (2002) und One Piece (2000) etablierten sich als weltweite Hits und brachten das japanische Genre-Wort Shonen in den allgemeinen Sprachgebrauch der hiesigen Popkultur. Auch die Entwicklung von Slice-of-Life-Animes, die den Alltag von gewöhnlichen Menschen in verschiedenen sozialen und emotionalen Kontexten darstellten, wurde zunehmend erfolgreich. Zur Mitte der 2000er sorgten die Serie Clannad (2007) von Kyoto Animation für große Anerkennung, was ihre ihre emotionale Tiefe und Charakterentwicklung betraf. Zudem erlebte das Anime Genre auch eine weiterhin bemerkenswerte technische Weiterentwicklung in der Produktionsqualität. Der Einsatz von CGI und digitalen Animationstechniken revolutionierte über die letzten zwei Jahrzehnte hinweg die visuelle Darstellung von Anime. Kinofilme wie Spirited Away (2001) von Studio Ghibli und Paprika (2006) von Satoshi Kon legten den Grundstein für neue, visuelle Kompetenz. Diese Produktionen vereinten traditionelle Handzeichnung mit modernster Technologie und setzten dadurch auch neue Maßstäbe in der visuellen Erzählkunst, für die das Anime Genre heutzutage bekannt ist.

Die 2010er Jahre brachten schlussendlich einen neuen Trend von Anime in den Markt, der sich immer stärker auf die Themen Popkultur, soziale Probleme und die Grenzen der Realität konzentrierte. Ein Wort, das wohl viele Fans nicht mehr hören können, wurde populärer: ISEKAI!

Doch nicht nur fantasievollen Isekai Produktionen sorgten die letzten Jahre für Furore. Auch Neuerscheinungen wie Attack on Titan (2013) überraschte das Publikum mit innovativen neuen Erzähltechniken, beeindruckenden Animation und einer überraschend komplexen Geschichte, die mit vielen Wendungen überzeugte. Wenn wir von modernen Meisterwerken reden dürfen Produktionen wie Attack on Titan oder auch Steins;Gate nicht unerwähnt bleiben.

Anime heute: Ein globaler Einfluss

Heute ist Anime ein globales Phänomen geworden, das weit über den japanischen Markt hinausgeht und jede Altersgruppe anspricht. Der Ausbau von Streaming-Dienstem wie Netflix, Crunchyroll und Funimation haben es dem Genre ermöglicht endlich auch auf einfache Wege ein internationales Publikum zu erreichen. Was früher nur über schwierige Umwege mit TV Sendern lizenziert werden musste, bei denen auf Grund des Jugendschutzes auch Zensur an der Tagesordnung war, ist inzwischen ein schnelllebiges Geschäft geworden. Nahezu täglich werden neue internationale Lizenzkäufe verkündet. Der Simulcast- Markt hat inzwischen eine eigene Form angenommen. Ja, teilweise sind sogar Simul-Dub Premieren umsetzbar. Noch vor über 10 Jahren war dies undenkbar. Der Markt ist also im stetigen Wandel und hat sich für Anime Fans zu einer riesigen Palette an Möglichkeiten gemausert. Die Genre Vielfalt reicht von fantastischen Abenteuern bis zu philosophischen Reflexionen über die moderne Gesellschaft. Wer sich im Portfolio der Programme umschaut, der findet zahlreiche Genre Lieblinge.

Zudem beeinflusst der Anime inzwischen auch den westlichen Kinofilme u. Serien Markt, was Netflix und Co. mit One Piece, Bet und Avatar beweisen. Auch andere Medien wie Videospiele und Musik sind für Anime prägend. Viele populäre Videospiele ziehen ihre Inspiration teilweise aus dem Anime, während Anime wiederum selbst von Videospielen inspiriert werden oder Videospielen sogar adaptieren. Die enge Zusammenarbeit zwischen den Branchen hat dazu geführt, dass das Genre heute eine viele größere kulturelle Reichweite hat und nahezu alles weltweit zeitgleich vermarktet werden kann.

Die Evolution des Anime-Genres ist somit nicht nur eine Geschichte von Kreativität und Vermarktungsstrategie, sondern auch von Innovation und Erzählkunst. Vom frühen experimentellen Film bis hin zu den modernen Blockbustern im Kino hat Anime sich kontinuierlich weiterentwickelt, damit neue Zielgruppen gewonnen und sowohl die Film- als auch die Videospielindustrie maßgeblich und nachhaltig beeinflusst. Heute ist Anime nicht nur ein japanisches Phänomen, sondern ein weltweites Kulturgut, das die Grenzen des Mediums überschreite. Anime ist und bleibt eine vielschichtige Unterhaltungsform, die Kino, Serien, Bücher und Videospiele auch zukünftig mit gestalten wird.

admin

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